Lange schon wollten wir einmal die Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns kennenlernen. Schließlich hatte man früher als "gelernter West-Norddeutscher" dazu nicht viel Gelegenheit. In Travemünde war immer Schluß. Aber das ist jetzt 18 Jahre her und Schnee von gestern. Deshalb sollte es dieses Jahr endlich losgehen. Und nach zwei Jahren Segelurlaub mußte es mal wieder eine Radtour sein. Und da, wo früher Schluß war, ja, genau dort sollte es losgehen - oder zumindest dort in der Nähe. Also:
Samstag 5:00 Uhr morgens: Die Räder sind bereits am Vorabend gepackt worden; pünktlich mit den fünf Schlägen der Kirchturmuhr schließen wir die Haustür ab und fahren zum Bahnhof. Fünf Mal umsteigen, dann haben wir die nordöstliche Mitte von Schleswig-Holstein erreicht und verbringen das erste Wochenende unseres Urlaubs bei Verwandten. Von hier, zwischen Mölln und Ratzeburg gelegen, wollen wir am Montag zum Startpunkt der Tour nach Travemünde fahren.
Montag 10:00 Uhr: Das sommerliche Wetter des Wochenendes hält auch noch heute. Für den Beginn unserer Reise ist es direkt etwas zuviel des Guten. So schnell, wie wir den mitgenommenen Eistee aus unseren Trinkflaschen heraussaugen, können wir ihn gar nicht nachfüllen. Zumal es am Weg nur wenige Geschäfte gibt. Wir sind nämlich bereits nach etwa 12 km am Elb-Trave-Kanal angekommen und fahren auf dem ehemaligen Treidelpfad in Richtung Lübeck.
Als wir dort gegen Mittag ankommen, herrschen Temperaturen, wie in Afrika. Meine "Campinguhr" besitzt auch ein Thermometer, mißt aber, wenn man sie umgebunden hat, die Hauttemperatur. D.h. die Thermometeröffnung befindet sich unterhalb des Uhrengehäuses. Während es also auf der Oberseite der Uhr "12:00:00" anzeigt, beträgt die Temperatur auf der Oberfläche meiner Haut über 37° Celsius.
Bevor ich intensiver darüber nachdenken kann, wer nun gleich Fieber bekommt, meine Uhr oder ich, bleibt meinem Hinterreifen die Luft weg. Ein kleiner Flintstein, offenbar vor dem Holstentor gelegen und rasiermesserscharf, hat Mantel und Schlauch zerschnitten. Also rasch die Räder in den Schatten eines alten Speichers geschoben, das Gepäck entladen und die erste Flickstunde absolviert. Das fängt ja gut an…
Dann geht es weiter Richtung Travemünde. Der Radweg entlang der B75 ist zum Teil in keinem guten Zustand. Wurzeln haben sehr unangenehme Querrinnen geschaffen, indem sie den Asphalt des Radweges aufgerissen haben. Hinzu kommen Schlaglöcher und Absenkungen. Wir sind froh, den Campingplatz in Ivendorf, vor den Toren Travemündes gegen 13:30 Uhr erreicht zu haben und bauen unser Zelt im Schatten eines großen Baumes auf. Abends lassen wir den Tag in Travemünde ausklingen.
Ab morgen betreten wir Neuland!