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In Kopenhagen angekommen, geht dann alles relativ schnell: Wir feiern erst den besagten Geburtstag und dann sind wir auch schon allein auf dem Schiff: Contest 31, knappe 10 Meter lang, 1,4 Meter Tiefgang und 3,8 Tonnen Verdrängung. Das ist alles nicht so besonders groß, breit, tief oder schwer, aber es reicht, um zwei Personen zu beschäftigen. Zumal, wenn der Wind mit 6 Bft. aus West bis Nordwest weht und auch noch böig auffrischt. So kommen wir heute nicht sehr weit, denn wenn das Schiff bis zu den Fenstern auf dem Wasser liegt, ist das am ersten Tag noch gewöhnungsbedürftig. Wir müssen uns erst einmal wieder "einsegeln" und mit dem Schiff vertraut machen.

Die ersten zwei TagesroutenIn Dragør, nur etwa 7 ½ Seemeilen von der kleinen Meerjungfrau entfernt, bleiben wir schon wieder im Hafen und erleben etwas Ungewöhnliches: Es gibt auffallend viele Schnaps- und Tabakläden und alle haben Werbetafeln vor dem Geschäft aufgestellt, auf denen sie Ihr hochprozentiges Angebot feilbieten (zu Preisen, die uns - im Vergleich zu Deutschland - den Atem verschlagen). Plötzlich holen fast schlagartig alle Ladenbesitzer gleichzeitig die Preistafeln in ihre Geschäfte zurück, um sie nach wenigen Minuten wieder draußen aufzustellen - mit noch höheren Preisen!

Wir schütteln die Köpfe, erhalten aber stehenden Fußes eine Erklärung für dieses seltsame Verhalten: Es läuft eine schwedische Fähre im Hafen ein und Massen von Touristen stürzen in die besagten Läden, um anschließend mit großen Einkaufsrollwagen, voll mit superteurem Bier und Schnaps, wieder der wartenden Fähre zuzustreben. Das Schiff legt ab - und die Ladenbesitzer stellen die alten Schilder wieder auf. So etwas haben wir wirklich noch nie gesehen!

Am nächsten Tag ist das Wetter nicht besser, sondern eher schlechter: Es herrscht Trogwetterlage. Die See ist grau, der Himmel auch und die Wolken hängen tief über uns. Wir merken schnell, daß sich bei der aktuellen Windrichtung Süd bis Süd-Südwest und entgegengesetztem Strom über die lange freie Strecke der Mittleren Ostsee eine ziemlich unangenehme See (das Logbuch vermerkt bis zu zwei Meter Wellenhöhe) vor der Küste aufgebaut hat, die uns hart einsetzen läßt und den Inhalt aller Schränke (Geschirr, Bücher, etc.) trotz darin eingeklemmter Kissen gut durchmischt. Ab und an geht auch mal ein Schapp auf und der Inhalt entleert sich in die Kajüte.

Wir suchen Schutz unter der Küste, die hier relativ hoch ist und wollen nach vier Stunden Hack schließlich in den Hafen von Bøgeskov einfahren. Doch die Einfahrt ist irgendwo hinter Stellnetzen versteckt. Auch als wir selbst bereits hinter den Stellnetzen angekommen sind, finden wir die Ansteuerungstonnen nicht, denn es ist jetzt auch noch diesig geworden und regnet. Weit und breit ist kein anderer Segler zu sehen und es kommt auch aus dem Hafen kein Schiff heraus, bei dem wir hätten "abgucken" können, wo sich die Einfahrt befindet. Langsam wird uns mulmig. Aber wir trösten uns damit, daß jemand erzählt hat, die Stellnetze in Dänemark stünden auf mindestens zwei Meter Wassertiefe...

Im Hafenhandbuch lesen wir dann, daß die Einfahrt nach Bøgeskov nur etwa 1,4 m Wassertiefe hat. Das wird uns zu knapp, denn wir haben ja selbst soviel Tiefgang und bei dem mittlerweile auf 6 Bft. angestiegenen ablandigen Wind, ist eher mit weniger Wasser in der Einfahrt, als mit mehr zu rechnen. Also drehen wir ab, wieder durch die Stellnetze, zurück ins tiefere Wasser, verlassen endgültig die Køgebucht und umrunden Stevns Klint.

Doch je weiter wir das schützende Ufer hinter uns lassen, desto stärker wird der Seegang. Aus den 6 Bft. aus Süd sind durch die Verstärkung der Steilküste unterhalb von Stevns Klint ganz offensichtlich ein paar Meter pro Sekunde mehr geworden und so kämpfen wir uns noch etwa eine Stunde mit Kurs 150 Grad hart am Wind durch die See.

Hafenplan von RødvigUm wirklich freizukommen von der Küste und dem sich am Steilufer immer weiter verstärkenden Wind, müßten wir weit hinaus ins freie Wasser aufkreuzen, aber dazu haben wir keinen Nerv mehr. Es gießt in Strömen und es ist hundekalt. Durch die rauhe See öffnen sich schon wieder diverse Schapps und entleeren Hemden, Pullover und andere Wäscheteile auf den Kajütenboden, so daß es dort zunehmend chaotischer wird. In zirkusreifen Balanceakten versuchen wir wenigstens die Klappen mit Gummistropps zu sichern, hinter denen sich das mit Kissen festgestopfte Geschirr befindet. Um 15.00 Uhr holen wir schließlich die Segel ein und starten die Maschine, um auf kürzestem Weg von hier wegzukommen Nach heute insgesamt 24 Seemeilen sind wir tropfnaß in Rødvig angekommen. Der Hafen ist total überfüllt und wir liegen im Fischereihafen längsseits, direkt an der Straße. Irgendwie will uns Italien nicht aus dem Kopf...