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Zu Hause

Unsere ersten Recherchen für die Rückfahrt von Frederikshavn nach Hamburg datieren auf den Herbst 2001, wo zwar der Sommerfahrplan der Dänischen Staatsbahn, der DSB, noch nicht zugreifbar ist, wir aber eine bequeme IC-Verbindung von Frederikshavn nach Fredericia finden, man dort in einen IR-Zug nach Padborg, Flensburg mit Weiterfahrt nach Hannover umsteigen kann und so eigentlich ganz schnell nach Hamburg kommt. Im IC müssen Räder zwar angemeldet werden, im IR nicht, aber das soll ja wohl kein großes Problem werden. Wird es aber: Im Frühjahr 2002 ist der Sommerfahrplan verfügbar und die zuvor gefundene Verbindung gibt es noch. Also steht die Reservierung der Radplätze an. Die aber kann nicht im Internet erledigt werden. Nur Personenplätze sind zu reservieren. Kein Problem, gehen wir also in ein Reisebüro, um zu reservieren.

Gesagt, getan! Die freundliche Dame im Reisebüro unseres DB-Bahnhofes tippt die Daten vom Internetausdruck - sichtlich erfreut über unsere intensive Vorarbeit - in ihren Amadeus-Start-Computer und wartet. Die Antwort überrascht uns alle. Sinngemäß erscheint die Zeile, daß die Anfrage nicht befriedigt werden kann. Eine Erklärung, warum nicht, fehlt. Wir vermuten, der Zug ist bereits ausgebucht, aber so recht glauben wollen wir das nicht, denn erstens hätte dann dort stehen können, daß er ausgebucht ist und zweitens ist die Verbindung für einen Dienstag berechnet, also mitten in der Woche, und die Hauptreiseströme finden sich ja bekanntlich an den Wochenenden. Auch die freundliche Dame läßt sich nicht aus der Ruhe bringen und versucht es mit dem nächsten Zug. Fehlanzeige. Der übernächste Zug: Wieder nichts. Die Schlange der Wartenden hinter uns wird langsam länger. Einen Zug eher: Nichts. Einen Tag eher: Auch nichts.

Ratlosigkeit über die nichtssagenden Antworten des Computers und aggressiver werdendes Gemurmel der inzwischen zahlreichen Wartenden lassen uns das Weite suchen. Aber wir haben noch einen Trumpf im Ärmel: Das Reisebüro Norden in Hamburg. Dort bekam man früher immer die präzisesten Auskünfte über Reiseprobleme in Skandinavien. Allerdings, der Anruf dort: Reine Zeit- und Geldverschwendung! Unfreundlich und quasi im Frieden eines offensichtlich kundenlosen Tages gestört, bekomme ich von einer weiblichen Stimme unwirsch mitgeteilt, daß Radtransport in Dänemark ein Problem ist (ach..?) und sie darüber auch nichts weiß. Die Nachfrage, wer denn aussagefähig wäre, wird nur kurz mit keine Ahnung beantwortet.

Mittlerweile ist es Juni geworden und wir sind gar nicht mehr so sicher, daß wir es wirklich schaffen, mit der Bahn von Frederikshavn zu fahren. Da kommt die Idee auf, daß vielleicht die DSB selbst der richtige Ansprechpartner sein könnte. Zwar gibt es hier in Deutschland keine DSB-Vertretung, und im Internet findet sich auch keine Adresse der Firma, die als Anlaufpunkt hätte dienen können, aber es sind eine Reihe von DSB-Reisebüros in einigen dänischen Städten genannt. Also bekommt das Büro in Esbjerg - dort wollen wir ja auch mit dem Rad vorbeifahren und könnten dann die Karten direkt abholen - eine e-Mail mit der Bitte um Reservierung der Radplätze.

Die Antwort kommt postwendend und sehr freundlich: Personenplätze sind gebucht, Radplätze gibt es keine mehr, aber es gibt an dem Zug, an dem Tag, zwei extra angehängte Wagen, für die man nicht reservieren muß. Die Reservierungsnummer ist lediglich in Esbjerg persönlich zu bestätigen. Wir atmen tief durch! Es kann also losgehen!


unterwegs

Wie geplant kommen wir in Esbjerg an und begeben uns direkt zum Bahnhof, um die Reservierung bestätigen zu lassen. In der DSB-Servicestation lege ich also die e-Mail vor, in der die Buchungsnummer für unsere Rückfahrt vermerkt ist und frage vorsichtshalber noch einmal, was es mit den extra Waggons auf sich hat, die der Zug an dem betreffenden Tag mitführen soll. Ja, sagt der freundliche Mann hinter dem Schalter, die Wagen gibt es, sie nehmen aber keine Fahrräder mit. Dann schaut er noch einmal, ob sich in näherer oder weiterer Distanz von unserem gewünschten Reisedatum eine Möglichkeit findet, die Räder zu transportieren, muß dies aber verneinen.

Der Grund ist dann schnell ausgemacht: Dänische IC-Züge können immer nur zwei Räder pro Zug transportieren. Das war also der Grund für die verwirrende Antwort des Computers im Reisebüro zu Hause, als er unseren Reservierungswunsch nicht erfüllen konnte. Auf meine Frage, welche Alternative sich anbietet, um doch noch von Frederikshavn nach Hamburg zu kommen, erhalte ich eine Anzahl von Regionalfahrplänen und den Hinweis, daß alle Züge mit vier Ziffern in der Zugnummer (meine Nachfrage, ob das auch die IR-Züge seien, wird bejaht) mehr Fahrräder mitnehmen und man dort auch nicht reservieren muß. Das halte ich für eine gute Nachricht und ziehe mit dem neuen Informationsmaterial dankend ab.

In Hanstholm denken wir dann das letztemal an die Rückreise, denn hier entscheidet es sich, ob wir es nach Skagen schaffen wollen oder nicht. In Thistedt besteht die vorerst letzte Möglichkeit, mit der Bahn zurückzufahren. Die nächste gibt es erst in Frederikshavn. Und da stellt sich natürlich die Frage, ob das wirklich eine reale Alternative ist. Also nehmen wir die verschiedenen kleinen Fahrpläne aus Esbjerg zur Hand und planen mal durch, wie wir von Frederikshavn mit Zügen fahren können, die nur vier Ziffern in der Zugnummer haben: Wenn wir IR-Züge nutzen können, ginge es. Irgendwo haben wir inzwischen aber gehört, daß IR-Züge nur vier Räder transportieren. Das sind zwar zwei mehr, als in IC-Zügen mitgenommen werden, aber die Chance, daß die vier Plätze bereits belegt sind ist groß, denn reservieren muß bzw. kann man ja in diesen Zügen nicht. Wenn wir aber ausschließlich Regionalzüge zur Rückfahrt einplanen, dann gibt es eine Lücke zwischen Århus und Fredericia. Hier verkehren solche Züge gar nicht mehr. Da ist guter Rat teuer und wir vertagen uns. Vielleicht findet sich ja am nächsten Morgen ein Zug, den wir übersehen haben. Aber nein, er findet sich nicht und wir entschließen uns, umgehend von Thistedt nach Hause zu fahren.

Dort am Bahnhof angekommen, klärt sich unser Verdacht mit den IR-Zügen auf. Sie nehmen - laut Auskunft des freundlichen Schalterbeamten - tatsächlich nur vier Räder mit und sind in der Regel voll belegt. Verläßlich ist nur die Fahrt mit Regionalzügen möglich. Damit hätten wir in Frederikshavn also ein mächtiges Problem bekommen und die Strecke von Århus nach Fredericia wohl mit den Rädern zurücklegen müssen - was uns statt einem einkalkulierten Tag Rückreise mindestens zwei eingebracht hätte, und mit dem Ergebnis, daß die Kinder am ersten Schultag nach den Ferien nicht in der Schule gewesen wären.

Aber genau das, nämlich in zwei Tagen zurückreisen zu müssen, passiert uns jetzt auch, denn der letzte Regionalzug, mit dem wir heute noch Anschluß nach Niebüll gehabt hätten, ist vor 20 Minuten abgefahren. Heute kommen wir nur noch bis Esbjerg. Folglich rufen wir in der dortigen Jugendherberge an und reservieren ein Familienzimmer für die Nacht.

Das Umsteigen zwischen den verschiedenen Regionalzügen ist beschwerlich, weil die in Dänemark noch höher gebaut sind, als die Wagen in Deutschland und so werden fünf oder sechs Minuten Umsteigezeit manchmal zu einer echten sportlichen Betätigung. Trotzdem erreichen wir Esbjerg am Abend, bleiben dort in der gut ausgestatteten Jugendherberge und fahren am nächsten Tag mit dem ersten Zug weiter über Niebüll nach Hamburg.

Wir wissen jetzt jedenfalls, daß alle diejenigen, die immer über die Deutsche Bahn schimpfen, gar nicht wissen, wie unbequem und vor allem, wie teuer (Thistedt - Niebüll: ca. 155,- EUR; Niebüll - Hamburg: 21,- EUR) Bahnfahren mit Rädern in anderen Ländern unseres geeinten Europas sein kann.