Zweieinhalb Tage haben wir uns seit dem Eintreffen von der Elbetour in Cuxhaven Duhnen auf dem Campingplatz “Wattenlöper” aufgehalten und sind im Ort, wie auch am Strand den gewöhnlichen Urlaubsneigungen “normaler” Touristen nachgekommen. D.h. wir haben gebadet, sind im Watt umhergelaufen - wenn auch aus Sicherheitsgründen nicht allzu weit draußen - und haben, weil die geplante Wattwagenfahrt nach Neuwerk wegen Überfüllung ausfallen mußte, einen Ausflug nach Helgoland unternommen. Außerdem sind wir durch Cuxhaven gefahren und haben die Stadt, die Alte Liebe und den Fischereihafen angeschaut. Jetzt aber drängt es alle, endlich wieder in den Sattel zu steigen und weiterzufahren! Sonntagmorgen, es ist der 29. Juli 2001, geht’s dann in gewohnt bepackter Weise wieder los, denn wir haben neben Zeltgepäck auch Tisch und Stühle (natürlich alles in leichtester Ausführung) dabei - Asketen waren wir halt noch nie...
Immer entlang der Küste führt uns der Weg zunächst durch Sahlenburg, wo wir von den dort residierenden und um diese Zeit gerade zum Strand pilgernden Urlaubern zum Teil mitleidig (“wie schön haben wir es doch mit dem Zimmer getroffen...”) und zum Teil bewundernd (“sieh’ mal, so kann man auch Urlaub machen...”) angeschaut und kommentiert werden.
Gleich hinter dem letzten Appartementhaus ist aber schluß mit dererlei Bemerkungen, denn jetzt sind wir wieder allein in der Natur (bestenfalls noch begleitet von ein paar Reitern oder anderen Radlern) und fahren am Wernerwald entlang. Unsere Hoffnung, daß man auf dieser Strecke einen schönen Blick auf die Nordsee haben würde, erfüllt sich leider nur hier, denn später beginnt der Deich und das Befahren der Deichkrone ist fast nirgends möglich. Alle Wege verlaufen weitgehend hinter dem Deich. So haben wir stets rechts von uns eine grüne Schräge und links zieht die Landschaft langsam an uns vorüber.
Am Ende des Wernerwaldes verwirren uns die für Radler aufgestellten Wegweiser: Oftmals weist nicht ein Pfeil in die zu fahrende Richtung, sondern es ist die Straßensituation der gesamten Kreuzung auf der man steht oder die gerade vor, bzw. hinter einem liegt dargestellt. Dann muß man erst einmal herausbekommen, aus welcher Sicht die Zeichnung angefertigt worden ist. Zwischen Arensch und Berensch (Cerensch haben wir übrigens nicht gefunden...) sorgt dieser Umstand dafür, daß wir einen netten kleinen Umweg durch Feld und Flur fahren und in Berensch selbst stehen drei Familienmitglieder am Ortsausgang wieder relativ ratlos vor einem solchen Unikum, neigen den Kopf mal hierhin und mal dorthin, um Schild und Realität in Einklang zu bringen. Nur unser Großer hält den Wegweiser (immerhin eine Doppelkreuzung mit vier oder fünf Ein- bzw. Ausgängen) für völlig eindeutig: “Hier schräg links müssen wir weiterfahren.” Und er hat recht, denn es handelt sich um die Spieka-Neufelder Straße, die auch im Bikeline-Führer als richtiger Weg angegeben ist. Bei der anschließenden Diskussion stellen wir dann fest, daß das Schild wohl um 90 Grad hätte gedreht werden müssen, um die Kreuzung realistisch darzustellen - aber so richtig erinnern kann sich schon keiner mehr an diesen kuriosen Wegweiser...
Im Hafen Dorumer Neufeld sind alle Kutter trockengefallen. Es sieht aus, als hätte jedes Schiff seinen “Parkplatz” in der hügeligen Schlicklandschaft des ausgetrockneten Hafens. Ein hübsches Bild. Leider ist es sonst am Hafen derart dreckig (Tonnen von Zigarettenkippen, -schachteln und allerlei Müll von den in der Nähe stehenden Verpflegungsbuden), daß wir uns nur kurz mit etwas Eßbarem versorgen und dann wieder losziehen.
Immer hinter dem Deich entlang kommen wir nach einiger Zeit an Bremerhaven heran. Von Weitem kann man bereits die giraffenartigen Kräne des Containerterminals sehen. In Weddewarden, einem Vorort von Bremerhaven, ist der Weg am Deich dann zu Ende und wir biegen in die Stadt ab, um zum Campingplatz am Spadener See zu gelangen. Dort wollen wir auch den nächsten Tag bleiben, weil wir uns vorgenommen haben, das Deutsche Schiffahrtsmuseum zu besuchen - und dazu sollte man schon einen ganzen Tag einplanen.
Der Weg nach Spaden gestaltet sich allerdings schwierig. Auf unserer Radlerkarte ist eine Straßenabzweigung eingezeichnet, die sich vor dem Hafenzollamt befinden soll. Die dort abzweigende Straße führt dann nach Bremerhaven hinein und nach Spaden wieder hinaus. Aber die Realität sieht wieder einmal etwas anders aus. Die abzweigende Straße zweigt nicht wirklich ab, sondern der Weg zum Hafenzollamt tut es und so dauert es eine ganze Weile, bis wir endlich begreifen, daß wir uns bereits auf der richtigen Straße befinden. Der Bikeline-Weg hätte uns durch den Freihafen geführt, aber das muß man erst einmal begreifen...
Also für diejenigen, die auch mal das Museum besichtigen und aus nördlicher Richtung nach Spaden wollen, hier der Weg: Nicht am Grauwalkanal dem Radlerschild folgen (der Weg führt nur für Einheimische zu beabsichtigten Zielen), nicht durch den Freihafen, sondern immer stur der Straße folgen bis links an einer großen Kreuzung mit Kreisverkehr etwas entfernt ein “real-Markt” zu sehen ist. Das ist schon ein ganzes Stück in der Stadt und dort heißt die Straße “Stresemannstraße”. Diese einfach weiterfahren, bis kurz hinter der Kreuzung links die “Spadener Straße” abgeht. Dorthinein abbiegen und nun immer weiter dieser Straße folgen. Aus Bremerhaven hinaus, nach Spaden hinein und immer der Hauptstraße folgend durch Spaden hindurch. Erst dort findet sich das erste Schild mit einem Hinweis zum Campingplatz. Kurz danach kommt die Endhaltestelle der Buslinie 507 (mit der man alle 30 Minuten - bis Haltestelle “Elbestraße” - mit einer Familien-Tageskarte zum Museum fahren kann) und wer nun rechts abbiegt, findet den sehr schönen, parkartigen Platz direkt am See mit Bademöglichkeit, Kiosk, Restaurant, sowie allen erdenklichen Wasch- und Trocknungsmöglichkeiten.
Wir verbringen einen anstrengenden, aber sehr interessanten Tag im Museum und kaufen im nahegelegenen Einkaufszentrum allerlei Dinge für die nächsten Tage ein. Am Dienstag geht es dann mit der Weserfähre hinüber nach Butjadingen. Wir haben weitgehend Rückenwind und freuen uns über die schnelle Fahrt, denn unser Ziel ist die Fähre nach Wilhelmshaven, die von Eckwarderhörne abfährt. Wenn wir diese Fähre am Nachmittag nicht bekommen, müssen wir bis zum nächsten Morgen warten, weil die Linie nur zweimal am Tag befahren wird (derzeit gehen die Fahrten um 9.15 und 17.15 Uhr ab, aber ein Anruf bei der Reederei – Telefonnummer im Bikeline-Führer - ist ratsam).
Eile und Rückenwind bringen uns allerdings am Fähranleger eine Wartezeit von über drei Stunden ein. Die Strandhalle weigert sich, nach 14.00 Uhr noch warmes Essen auszugeben (wir sind 14.05 Uhr dort) und so müssen wir auf den Kiosk und (wieder mal) Currywurst mit Pommes zurückgreifen. Der Miniaturstrand ist nur gegen Eintritt (nennt sich natürlich Kurtaxe) zu betreten und ansonsten ist hier der Hund begraben!
Richtig sauer sind wir schließlich über den horrenden Fahrpreis, der mit 49,- DM gegenüber allen anderen Fähren, die wir in diesem Urlaub bereits benutzt haben, an echten Wucher grenzt. Die Alternative, um den Jadebusen herumzufahren, kommt für uns dennoch nicht in Frage, weil die 82 Kilometer mehr unseren gesamten Zeitplan durcheinander werfen würden (unser Urlaub neigt sich ja leider schon dem Ende zu und der Leuchtturm ist noch weit...).
Gegen 18.00 Uhr sind wir - nach einer Hafenrundfahrt, die unsere “Fähre” gleich mitgemacht hat - endlich in Wilhelmshaven. Das Warten, einige kurze Schauer und die totale Öde des Anlegers haben uns völlig aus dem Tritt gebracht und wir suchen schnellstmöglich den nächsten Campingplatz auf - der sich, gemäß Bikeline, am Banter See befindet. Daß im Adreßverzeichnis des Radführers weder Straße, noch Telefonnummer angegeben sind, halten wir für einen Fehler der ersten Auflage (ebenso, wie die Strecke von Wilhelmshaven nach Hooksiel in der Bikeline-Karte 23 km lang ist, im Text aber 10 davon einfach verschwinden).
Der Fehler hier liegt jedoch ganz woanders: Der eingezeichnete Campingplatz ist gar keiner! Es handelt sich um zwei Privatgelände, auf denen ein Wassersportverein und die Ortsgruppe Wilhelmshaven der Naturfreunde ihre Wohnwagen aufgestellt haben. Beide Areale sind also Clubgelände und keine Campingplätze! Ob die Wassersportler Fremde für eine Nacht aufnehmen, wissen wir nicht, denn dort war niemand zum Ansprechen (und das Gelände verschlossen). Die Naturfreunde waren anwesend und hatten ein Einsehen mit uns müden Radlern. Sie nahmen uns ausnahmsweise und mit umwerfender Freundlichkeit für eine Nacht auf. Alle Clubeinrichtungen durften wir nutzen und morgens brachte man uns sogar noch Brötchen vom Bäcker mit. Dafür noch einmal: Ganz herzlichen Dank!