Bestens ausgeruht radeln wir am nächsten Morgen wieder los - leider in einen trüben und regnerischen Tag. Trotzdem schauen wir uns das Wasserkreuz zwischen Weser und Mittellandkanal ausführlich an. Wir haben hier zwar schon einmal mit einem Schiff die Weser via Brücke gequert, aber es ist ein ganz anderes Erlebnis, unter eben dieser Brücke zu stehen und gewiß zu sein, daß über einem der Mittellandkanal verläuft und keine Autos fahren sondern Schiffe. Auch die ganze Schleusenanlage und die Schachtschleuse selbst sind durchaus sehenswert.
Und als wären wir mit unseren Rädern selbst durch diese Schleuse gefahren, hat der Fluß seinen Charakter plötzlich völlig verändert. War er bislang schmal und schnell, ist er jetzt breit und langsam. Hinzu kommt eine Betonnung und ein regelmäßiger Verkehr von Binnenschiffen, wohingegen oberhalb der Schleuse nur Fähren und Ausflugsdampfer unterwegs gewesen waren.
Je länger wir weiterfahren, desto besser wird das Wetter. Ab Petershagen führt der Radweg auf einer aufgelassenen Bahntrasse entlang, was bedeutet, daß man von der Weser zwar wenig sieht, aber immer noch den Reiz der alten Bahnlinie spürt. Eine schöne Abwechslung! So geht es weiter bis Ovenstädt, wo wir wieder einmal von der Route des Radwanderführers abweichen und bis Rußland durch das Naturschutzgebiet Hävernermarsch fahren. In Schlüsselburg legen wir noch eine Pause ein und fahren dann zügig weiter nach Nienburg. Auf diesem Weg sieht man, daß hier die Weser ganz wesentlich zur Industriealisierung der Region beigetragen hat. Ein Kieswerk reiht sich an das andere.
In Nienburg suchen wir zunächst das Naturfreundehaus auf, denn eine Jugendherberge gibt es hier nicht. Allerdings liegt das Haus ziemlich weit vom Ortskern entfernt und heute steht uns der Sinn nach Ortskernnähe. Also besuchen wir das Fremdenverkehrsamt und lassen uns ein Privatzimmer vermitteln. Danach verbringen wir einen sehr schönen Sommerabend in Nienburg, das mit einem schönen Stadtkern und lauschigen Weinstuben ebenso aufwartet, wie mit turbulenten Lokalen, in denen sich abends die Stadtjugend trifft.
Bestens ausgeruht und versorgt mit einem Frühstück wie zu Hause, verlassen wir Nienburg und folgen wieder der Hauptroute des Weserradweges. Durch ein reizvolles kleines Naturschutzgebiet geht es zunächst nach Marklohe und weiter zum Schleusenkanal, auf dessen Brücke bei Buchhorst man einen wirklich tollen Ausblick über den Fluß auf der einen und den Kanal auf der anderen Seite genießen kann.
Weiter geht es über Brücken und Hoya nach Wienbergen. Dort folgen wir der Nebenroute und bereuen es nicht. Irgendwie war uns der Weg im Laufe der Zeit doch immer langweiliger vorgekommen. Vom Fluß selbst ist oft nur wenig oder gar nichts zu sehen gewesen und die Landschaft ist bei weitem nicht mehr so interessant, wie vor Minden. Man fährt weite Strecken durch Wiesen und Äcker. Viel Abwechslung gibt es hier nicht mehr. Deshalb sind wir froh, auf relativ direktem Weg Verden an der Aller endlich erreicht zu haben.
Verden entschädigt für den Weg! Wieder einmal eine schöne Altstadt mit Cafes, netten Geschäften und hübschen Stadtansichten. Außerdem nicht zu vergessen: Der Dom! Leider sind wir am Nachmittag zu spät dran, um ihn zu besuchen, aber wir nehmen es uns unbedingt für den nächsten Morgen vor.Die Jugendherberge in Verden ist auch erwähnenswert. Ebenso, wie in Hausberge findet man hier eine komfortable Unterkunft mit allem Service und nettem, freundlichen Personal vor. Außerdem gibt es einen großen Garten, in dem man bei gutem Wetter abends ruhig den Tag ausklingen lassen kann - was wir gern tun.
Am nächsten Morgen besuchen wir zunächst den Dom. Er ist wirklich sehenswert. Schlicht und doch gewaltig. Einfach in jeder Hinsicht imposant.
Dann allerdings steigen wir in die Eisenbahn und fahren mit dem Zug nach Bremerhaven. Per Velo hätten wir es bis zur öffentlichen Vereidigung unseres Großen nicht geschafft und nach der Erfahrung mit dem immer langweiliger werdenden Radweg, fällt uns diese Entscheidung auch überhaupt nicht schwer.
Und auch hier soll noch ein Wort zur Jugendherberge, nämlich der in Bremerhaven, gesagt werden: Sie ist zwar renovierungsbedürftig, und liegt relativ weit vom Stadtkern entfernt, aber zum Bahnhof Lehe liegt sie sehr günstig. Wer dort übernachten will, sollte also nicht am Hauptbahnhof aussteigen, sondern unbedingt bis Lehe weiterfahren (so das mit dem gewählten Zug möglich ist).
Ach ja, und noch etwas: Bier und Wein gibt es dort ebenso wenig, wie Zigaretten und es ist auch nicht gestattet, solches in den Räumen der JH zu konsumieren (wie gesagt, das ist Einstellungssache) - aber man ist dort sehr freundlich!