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Dienstag, 24. Juli 2007   -   Willkommen in Vorpommern

Ab 5:00 Uhr hat es zu regnen begonnen. Nicht konstant, aber in Schauern. Zum Frühstücken haben wir keine Lust nach der Nacht, Teewasser gibt's ohnehin keines. Bloß weg hier. Also wird das halbnasse Zelt eingepackt und wir starten in Richtung Norden durch die Rostocker Heide gen Prerow.

Mit Rückenwind geht die Fahrt über Graal-Müritz nach Dierhagen, wo Fischland beginnt, die schmale Landverbindung zum Darß. Wetter und Fahrt sind angenehm, es ist nicht zu warm, aber auch nicht zu frisch. Meist führt der Radweg auf dem Deich entlang, was allerdings nicht heißt, daß man immer Seesicht hat. Häufig sind Wald und Buschwerk im Weg.

Dierhagen zeigt sich als netter Ferienort mit gepflegten Straßen und Häusern und auch Wustrow mit seiner Seebrücke macht einen erfreulichen Eindruck auf uns. Es ist doch noch ein schöner Tag geworden und wir freuen uns auf Ahrenshoop, mit der Kirche und den Künstlergalerien. Vielleicht haben wir etwas Zeit, uns dort umzuschauen.

Darß

Auf dem Hohen Ufer zwischen Wustrow und Ahrenshoop halten wir kurz an, um den Ausblick vom Steilufer zu genießen. Richtung Nord ist alles prächtig: Blauer Himmel und blaues Meer. In die andere Richtung geschaut, zeigt sich aber etwas ganz anderes: Eine finstere Front zieht auf - und zwar rasch. Während wir noch überlegen, ob das Wetter unsere Pläne für Ahrenshoop wohl durchkreuzen wird, beginnt es schon zu tröpfeln. Als wir die Räder wieder erreicht haben, regnet es bereits heftig. Nun aber schnell das Regenzeug ausgepackt und übergestreift. So kann es weitergehen.

Am Ortseingang von Ahrenshoop, wir sind etwa einen Kilometer im Regen gefahren, können wir kaum noch etwas erkennen. Der Regen ist so stark, daß wir Scheibenwischer für unsere Brillen bräuchten. Hinzu kommt, daß meine Schuhe völlig durchnäßt sind (aus Radfahren ist Wassertreten geworden), es ist lausig kalt und die (wieder einmal) Unmengen von Touristen, die Ahrenshoop bevölkern, sind von dem Schauer ebenso überrascht worden, wie wir. Mißmutig und klatschnaß hüpfen sie von Pfütze zu Pfütze, laufen kreuz und quer im Ort herum, fallen uns fast in die Räder oder blockieren sogar absichtlich unsere Weiterfahrt - einfach wohl, weil wir nicht so naß aussehen wie sie selbst. Da die Hälfte von ihnen auf der Straße herumläuft ist auch der Straßenverkehr längst zum Stillstand gekommen. Es wird nichts mit der Kirche oder den Kunstgalerien…

Bis Born hat der Regen wieder aufgehört. Die Landschaft dampft. Und schließlich fahren wir durch den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft geradewegs nach Prerow, wo wir direkt am Campingplatz landen und zwei Übernachtungen buchen. Man weist uns einen Platz hinter der ersten Dünenlinie zu, also fast am Strand. Toll!

Camping in Prerow

Hier stehen wenige Zelte, nur ein paar Wohnwagen. Wir bauen auf und haben Probleme, die Zeltnägel fest zu bekommen. Der Untergrund ist nämlich halbfester Sand. Aber es geht so leidlich. Als das Zelt steht, kommt ein Nachbar und fragt, ob wir einen Spaten haben. Nun, wie immer haben wir auch auf dieser Reise eine beachtliche Auswahl an Convenience-Produkten der Outdoor-Industrie dabei, aber einen Spaten??? Ob er sich den nicht woanders leihen kann. Nein nein, beteuert er, nicht wir sollen ihm, er will uns einen leihen! Wir sollen einen Graben um das Zelt ziehen, damit der Regen ablaufen kann. Gestern in der Nacht habe der ganze Platz zwischen den Dünen innerhalb von 10 Minuten etwa 20 cm unter Wasser gestanden und alle Camper hätten Gräben gezogen. So etwas wolle er uns ersparen. Na, das kann ja heiter werden. Wir nehmen also dankend den Spaten und graben einen Graben…



Mittwoch, 25. Juli 2007   -   Der Darß, ein kleines Paradies

Die Nacht ist schaurig! Es regnet zwar nicht so sehr, wie der Nachbar befürchtet hatte, aber wir haben gute sechs Windstärken. Das Zelt schlägt die ganze Nacht weil sich die Zeltnägel lockern und alle zwei bis drei Stunden stehen wir auf, um eben diese wieder festzutreten oder um zusätzliche Leinen auszubringen. Hinzu kommt, daß wir am Abend ein, zwei Bier getrunken haben. Im Laden auf dem Platz war es erstaunlich billig gewesen, aber jetzt zahlen wir den Rest des Preises mit heftigen Kopfschmerzen.

Am Morgen ist unser Eindruck, daß das Zelt nur noch steht, weil wir darin liegen. Die Zeltnägel halten so gut wie gar nicht mehr. Alle Abspannungen sind weichgerüttelt und locker. An ein Fortgehen, etwa zum Erkunden des Ortes oder des Naturschutzgebietes, ist überhaupt nicht zu denken. Daher eile ich zur Rezeption und bitte um einen anderen Platz. Zwei Stunden später steht unser Zelt in der zweiten Dünenlinie, schön vor dem Wind geschützt und wir freuen uns an der Sonne, die inzwischen wieder heftig scheint. Daß wir im Campingfachgeschäft auf dem Platz auch noch günstig einen kleinen Gaskocher erstehen können, um unseren defekten Benzinkocher zu ersetzen, macht den Tag noch schöner. Aber nun auf die Räder und los, um den Darßer Ort zu erkunden!

Naturhafen Darßer Ort

Zunächst kommen wir zum Hafen Darßer Ort. Hier dürfen Schiffe nur im Notfall festmachen, da die Naturschützer ein weitergehendes Anlaufverbot durchgesetzt haben. Die idyllische Lage des Hafens läßt ein altes Seglerherz ob dieser Beschränkung allerdings sehr sehr traurig werden!

Leuchtturm Darßer Ort

Weiter geht es zum Leuchtturm Darßer Ort. Hier zahlen wir 4 Euro Eintritt und stellen rasch fest, daß die gut angelegt sind. Der Turm selbst mit seinem alten Stiegenhaus ist sehenswert, die Aussicht von oben ebenfalls und im benachbarten Wärterhaus ist eine Ausstellung zur Geschichte des Darß, sowie zu Flora und Fauna der Gegend zu bewundern, der man ansieht, daß sie mit viel Liebe, Geschick und Sachverstand eingerichtet wurde.

Dann folgt ein kurzer Besuch am Weststrand mit der Steilküste. Aber hier ist es uns zu windig. Der Wind ist nämlich trotz des prallen Sonnenscheins kalt. Prerow Deshalb fahren wir wieder zurück, direkt in den Ort Prerow. Es ist ein schöner Ort. Gepflegte Häuser, ordentliche Straßen, wenig Verkehr und natürlich alles, was ein Urlauber so braucht, vom SB-Markt bis zum Souvenirladen.

Wir essen am Hafen eine Portion Fisch - was sonst - besuchen die Seebrücke mit den davor aufgereihten alten Fischerkaten, in denen jetzt weitgehend Souvenirläden sind, und lassen den schönen Tag dann vor dem Zelt ausklingen. Hier, da sind wir uns beide einig, könnten wir gut und gern eine ganze Woche Urlaub verbringen!



Donnerstag, 26. Juli 2007   -   Durchhalten wird belohnt

Wir haben Blei in den Beinen. Die Strecke ist zäh. Zunächst ist der Radweg hinter Prerow eher ein unbefestigter, sandiger Waldweg, dann verläuft er zwar auf dem Deich, aber es sind derart viele Leute zwischen Prerow und Zingst unterwegs, daß wir nicht recht zügig vorankommen. Kurz vor Zingst biegen wir nach Süden ab und haben den Wind bis Barth wieder einmal von vorn.

Barth selbst präsentiert sich sehr aufgeräumt. Alles ist super gepflegt, ja fast etwas zu gepflegt. Wir haben an manchen Stellen den Eindruck, die Stadt würde gar nicht benutzt. Dazu tragen sicher auch die wenigen Leute bei, die hier herumlaufen. Was die einen zu viel haben, fehlt den anderen. In unserem Reisetagebuch findet sich der Eintrag: "Die Stadt ist irgendwie unwirklich".

Auf dem Weg nach Stralsund

Hinter Barth fahren wir dann durch "viel Landschaft". Soll heißen, die Umgebung ist sehr flach und etwas eintönig - was nicht heißt, daß es keinen Spaß macht, sie zu durchfahren. Nur zu sehen ist hier eben nicht besonders viel.

In Nisdorf treffen wir auf eine Radwanderkoje. Das sind einfache Unterkünfte für Radwanderer, die, wie man uns dort erzählt, zu DDR-Zeiten eingerichtet worden sind und die sich bis heute - zumindest zum Teil - gehalten haben. Ausgeschildert ist diese jedenfalls nicht und es gibt wohl auch kein offizielles Verzeichnis darüber. Weitere Radwanderkojen gibt in Kinnbackenhagen (ist sogar ausgeschildert) und in Klausdorf. Wir haben diese nur durch Zufall gefunden. Eigentlich Schade.

Nach einer Erfrischung in besagter Radwanderkoje geht die Fahrt weiter nach Stralsund. Dort wollen wir heute in der Jugendherberge bleiben (die Reservierung eines Familienzimmers per Handyanruf am Morgen war erstaunlicherweise erfolgreich) Stralsund und Stralsund anschauen, da wir die JH, wie im Bikeline-Führer angegeben, in der Altstadt vermuten. Aber diese Herberge ist längst geschlossen worden. Unser gebuchtes Quartier liegt ca. 7 km südlich der Altstadt in Devin, einem Vorort von Stralsund. Da wird es heute nichts mehr mit dem Besucherprogramm. Es wird auf morgen verschoben.



Freitag, 27. Juli 2007   -   Ausflug in die Hansezeit: Stralsund

Stralsund

Das Verschieben war genau richtig! Für diese Stadt muß man sich Zeit nehmen. Wir genießen das Flair, das an vielen Stellen die Hansezeit wieder lebendig werden läßt: Das Rathaus, die Nikolaikirche, die Marienkirche, die vielen Plätze und kleinen Straßen der Altstadt - und natürlich nicht zuletzt der Hafen. Außerdem sind die Leute hier ganz besonders freundlich zu Fremden. Kaum daß man mal eine Minute an irgendeiner Ecke steht und in die Karte schaut, kommt schon jemand und hilft einem weiter. Das ist uns nicht nur einmal, nein das ist durchaus mehrmals passiert (sonst hätten wir gestern die JH wohl gar nicht gefunden).

Stralsund

Gegen Mittag verlassen wir diese schöne Stadt und fahren über den Strelasund und auf dem Rügendamm nach Altefähr auf der Insel Rügen. Es herrscht mörderischer Verkehr auf dieser Strecke und das Queren der Straße auf den linksseitigen Radweg kurz hinter der alten Strelasundbrücke wird zum gefährlichen Abenteuer. Irgendwo müssen wir einen Abzweig verpaßt haben…

Der Campingplatz in Altefähr macht einen einfachen, Stralsund von Rügen gesehen aber doch ordentlichen Eindruck, weshalb wir froh sind, ein sonniges Plätzchen auf der Zeltwiese ergattert zu haben. Nach dem Zeltaufbau gehen wir zum Fähranleger und essen etwas. Da es inzwischen wieder heftig regnet, sind wir froh, heute nicht mehr weitergefahren zu sein. Außerdem ist das Panorama vom Fähranleger auf das Altstadtensemble von Stralsund wirklich sehenswert - wie zu Hansezeiten!